Jantelov

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Dagmar P.
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Jantelov

Beitrag von Dagmar P. »

Hej allesammen!

Jetzt habe ich schon so oft und viel über den "jantelov" gelesen und kann mir auch etwas darunter vorstellen. Aber vielleicht könnte mir jemand erzählen, wie und wann oder aus welchem Hintergrund er entstanden ist und was das Wort übersetzt bedeutet?

Liebe Grüsse

Dagmar :D
annikade
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Beitrag von annikade »

Für alle, die es nicht kennen, hier zum Nachlesen:

[url=http://de.wikipedia.org/wiki/Jantelov]Jantelov[/url]

Gruß

/annika
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Dagmar!
Im Forum sindet sich auch schno einiges direkt zu mThema.

ich finde, Annikas Verweisung drückt es schon sehr gut aus.
Meiner Erfahrung nach kann man keinem Außenstehenden beschreiben, wie die Mechanismen des Jantelovs wirken.
Vielleicht gibt es eine entfernte Parallele (wohlgemerkt nur in der Auswirkung) zum deutschen Kopfeinziehen, kollektiven Schuldgefühl etc. ...
Das wirkt sich ebenauch auf manches aus, wo man es kaum vermutet, wo man erstmal gar nicht an deutsche Geschichte, 3. Reich etc. denkt.

Obwohl in Dk jetzt durchaus Gegenströmungen spürbar sind, obwohl der Trend zum Individualismus und somit zum Abheben aus der Masse populärer wird, so ist das Jantelov doch noch überall gegenwärtig.
Und eben oft sehr unterschwellig, sehr schwer greifbar.
Aber genau deshalb eben schwer uz erklären, schwer aufzuspüren.
Generationen sind eben damit großgeworden - sowas verschwindet nicht innerhalb einer einzigen!

ich persönlich glaube auch, daß damit zusammenhängt, daß auch heute noch Individulismus sehr mißtrauisch beäugt wird und eher negativ bewertet ist --- leider oft gleichgesetzt wird mit Egoismus.

Genau da läßt sich evtl .sogar eine gute Parallele zur deutschen Menthalität schlagen, wo Individualismus just aufgrund unserer deutschen Geschichte (und eben inzwischen ja weniger aufgrund eigener Erfahrungen) eher positiv angesehen ist.

Klingt jetzt irgendwie alles sehr bombastisch, äußert sich aber auch in den letzten Ecken des Zusammenlebens.


Gruß Ursel, DK
""Den virkelige opdagelsesrejse går ikke ud på at finde nye lande,
men at se med nye øjne."

---------------------------------------------------------Marcel Proust
...
geloescht19

Beitrag von geloescht19 »

Nur ein kleines Beispiel zum Jantelov möchte ich hier beisteuern:


Vor einigen Jahren bekam der Mann meiner guten dänischen Freundin im Nachbarort einen enorm spannenden Job.

Über mehrere Jahre half er in den baltischen Staaten bei Aufbau und Errichtung der dortigen Naturparks nach dänischem Vorbild. Meine Freundin kündigte nach einiger Zeit ihren Job und folgte ihrem Mann ins Ausland.

Als die beiden in ihr Dorf zurückkamen, wurde das "normale" Leben wieder aufgenommen. Meine Freundin konnte es nicht fassen, dass niemand sie nach ihren Erlebnissen und Eindrücken in den fremden Ländern fragte, ja, es war so, dass die alten Bekannten - denen sie etwas erzählen wollten - sofort wieder vom Thema ablenkten, fast als wenn es sich um etwas Unanständiges handelte.

Man sollte besser nichts anderes erleben, als die Leute im Dorf in dieser Zeit erlebt hatten. :roll:

Charlotte
Dagmar P.
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Beitrag von Dagmar P. »

Hej!

Danke für eure Antworten.

lt.Wikepedia:
Der Ausdruck Jantelov bzw. Jantelag ist in allen skandinavischen Ländern gebräuchlich und allgegenwärtig. Er ist eindeutig negativ behaftet

Den Eindruck, dass er von vielen Dänen auch negativ gesehen wird, hatte ich schon des öfteren. Aber wie kann es sein, dass er dann so gelebt wird?
s. Troldmors Beispiel.
Wie kann er immer noch so allgegenwärtig sein, in einem Land, dass zumindest für den Aussenstehenden individuell wirkt? Ich denke da jetzt z.Bsp. an dänisches Design, EU-Einstellung, die Häuser sehen in meinen Augen auch nicht so gleich aus, wie manche deutsche Neubausiedlung.
Die 10 Regeln gelten wohl auch nur für Dänen obwohl die Ansprache "Du" doch eigentlich alle betreffen müsste? Ich denke da an manche Regelungen, Nicht-EU Bürger betreffend.

Wie Ursel geschrieben hat, ist es schwer zu fassen, daher wohl auch meine etwas undefinierte Fragerei. Da der Jantelov aber immer wieder zitiert wird, interessiert es mich.

Gruß

Dagmar
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

Der deutsche Begriff "Spießer" ist auch eindeutig negativ besetzt. Trotzdem sind die meisten Leute Spießer ;)

Ich muss beim Jantelov immer an eine amüsante Geschichte denken, die aber nicht Skandinavien betrifft, sondern einen kulturellen Unterschied zwischen Deutschen und Briten beleuchten soll:
One evening recently I was dining with several people. Someone - a man called Trevor - suddenly paused in his remarks and asked in a reflective voice:
'Oh, I mean that large island off Africa ... you know, near Tanganyika ... what is it called?'

Our hostess replied chattily:
'I'm afraid I have no idea. No good asking me, my dear.'
She looked at one of her guests: 'I think Evelyn might ...'

Evelyn was born and brought up in Tanganyika but she shook her head firmly:
'I can't remember at the moment. Perhaps Sir Robert ...'

Sir Robert was a British resident in Zanzibar - the place in question - for twenty-seven years but he, too, shook his head with grim determination:
It escapes me too. These peculiar African names ... I know it is called something or other. It may come back presently.'

Mr Trevor, the original enquirer was growing irritated.
'The wretched place is quite near Dar es Salaam. It's called ... wait a minute ...'

I saw the name was on the tip of his tongue. I tried to be helpful. One or two murderous glances made me shut up. I meant to put it in question form only but as that would involve uttering the name sought for, it would not do. The word stuck in my throat. I went on in the same pensive tone: 'I mean ... what I meant was, isn't it Czechoslovakia?'

The Vice-President of one of our geographical societies shook his head sadly.
'I don't think so...I can't be sure, of course.. but I should not think so.'

Mr Trevor was almost desperate.
'Just south of the equator. It sounds something like ...'

But he could not produce the word. Then a benevolent looking elderly gentleman with a white goatee beard smiled pleasantly at Trevor and told him in a confident, guttural voice:
'Ziss islant iss kolt Zsantsibar, yes?'

There was deadly, hostile silence in the room. Then a retired colonel on my left leaned forward and whispered into my ear:
'Once a German always a German.'

The bishop on my right nodded grimly: 'And they are surprised if we're prejudiced against them.'

Aus: George Mikes: How to be unimitable
Etwas zu wissen, was der andere nicht weiss, gilt also als unschicklich. Ist das Jantelov ansteckend? :)

-- Martin
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Dagmar!
Du wirst es wohl erleben müssen,weil es so schwer faßbar ist.
ich erinnere mich an meinen Mann, Däne,der ja etliche jahre in Dtzld. gelebt hat und da erst anfing zu begreifen, wieso wir Deutschen bei gewissen Themenauch heute noch so wie es tun reagieren - völlig unverständlich für Außenstehende.

Das ist - bei aller "bewußten" Ablehnung (die ja erst keimt) - eben eine psychologische Sache.
Du weißt sicher aus der Kindererziehung: wenn Du einemKind dauernd suggerierst, nichtmal ausdrücklich sagst, es sei dumm, tauge nichts, etc. -- -dann fühlt sich der mensch sogar i mrwachsenneleben so, auch wenn sei nkopf längst einsehen kann, daß dem nicht so ist und daß die, die ihm das eingeredet haben, eher die dummen Taugenichtse waren.

Genauso subtil läuft das mit dem deutschen kollektiv-mangelnden Nationalgefühl und dem dänischen jantelov.

Ich zitiere dabei auch gern die dänische "Entertainerin" Lotte Heise, die mal eine Kolumne dazu schrieb,wie individuell man eigentlich in DK sein darf.
Jaja, man strebt durchaus danach, sich vom Nachbarn in Kleidung, Auto, Einrichtung zu unterscheiden - aber wen nes den ndarum geht, daß jemand einfach ANDERS, also unterschiedlich ist, dann hört die Toleranz auf. Ausländer, Behinderte, die gar nichts dafür können,daß sie anders sind, haben da leider nicht so sehr den Individualismus-Bonus.

Im übrigen weiß ich ja nicht,welche Neubausiedlungen Du gesehen hast.
Die individuellsten Häuschen sind in meinen Augen immer noch die, die vor dem krieg entstanden sind, umgebaute Bauernhöfe etc. --- was in den größeren Wohngegenden hochgezogen wird, sind doch ebenso große Hochhausbauten oder einheitliche Bungalows.
da sehe ich nicht den großen Unterschied zu Dtld., was die Uneineinheitlichkeit angeht.
Vielleicht täuscht Dich da die Tatsache, daß manche "dänische Einheitsbauten" sich eben von "deutschen Einheitsbauten" unterscheiden (aber eben nicht untereinander im jeweiligen Land).
Und diese Bungalows sind genauso individuell oder gleich eingerichtet wie deutsche, glaub mir, ich war schon in vielen Häuschen zu Besuch...

Gruß Ursel, DK
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Christian
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Beitrag von Christian »

Noch ein Beispiel hierzu:
Es fiel den Dänen unglaublich schwer, ihrem Nobelpreisträger Nils Bohr in einer geeigneten Form Anerkennung zu zollen. Erst lange nach seinem Tod nannte man eine Straße nach ihm, ob es inzwischen ein Denkmal oder eine Gedenktafel gibt, weiß ich nicht.
Auch der ehemalige Trainer der dän. Fußballnationalmannschaft, Sepp Piontek, ist letztlich über das Jantelov gestolpert und wurde entlassen.

christian
Dagmar P.
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Beitrag von Dagmar P. »

Danke, interessante Antworten.
Auch wenn es sehr schwierig zu verstehen ist, bin ich immer an anderen Denkansätzen interessiert. Um es ganz nachvollziehen zu können, braucht man wohl viele Jahre Einblick in die dänische Mentalität.

Aber auch Bayern, Ostdeutsche und Rheinländer unterscheiden sich ja schon grundlegend, um so schwerer wird es wohl sein, eine andere Nationalität im Wesen zu begreifen. :wink:

Gruß

Dagmar
Ursel
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Beitrag von Ursel »

Hej Dagmar!
Bayern, Ostdeutsche und Rheinländer unterscheiden sich ja schon grundlegend, um so schwerer wird es wohl sein, eine andere Nationalität im Wesen zu begreifen.
Erst wollte ich sagen - ach, so viel Unterschied ist da nicht, und irgendwo stimmt das ja auch.
Dennoch sind eben Bayern, Ostdeutsche und Rheinländer doch mit derselben Geschichte und Kultur großgeworden und haben so manches Verbindende, da simme rbei einem anderen Land fehlt.
(Ich persönlich werde ja nie verstehen,wieso meine Tochter in ihrer Schulzeit ein ganzes Jahr lang an Christian IV. rumknabberte, bis es selbst ihr zuviel wurde (und ich hatte von dem so gut wie nichts gehört bis dato), während der 2. Weltkrieg immer noch eher en Steifkinddasein führte. Mal schauen, ob in den höheren Klassen noch ein bißchen mehr dazu kommt, aber vielleicht ist es mir als Deutscher auch wichtiger als den Dänen, die natürlich einen anderen Zugangswinkel zu dem Thema haben.)

Übrigens bin ich Kind zweier Ostpreußen, die, wie ich heute merke, wohl auchimmer ein bißchen anders als die sie umgebenden Rheinländer geblieben sind ...

Gruß Ursel, DK
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Dagmar P.
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Beitrag von Dagmar P. »

Hej Ursel!

Ich muss gestehen, ich weiss gar nichts über Christian IV., da muss ich wohl noch ein paar Hausaufgaben nachholen. :wink:

Ja, da hast Du wohl recht, dass Hintergrundwissen - Geschichte- ist bei Bayern und Ostpreussen das Gleiche. Ich habe das für mich als Beispiel genommen, wie schwer es ist, Einblick in die Denkweise anderer Mentalitäten zu bekommen. Mein Vater kam übrigens aus Pommern, meine Mutter aus dem Bergischen. Manchmal 2 Welten...
Zum Glück bin ich die Schnittstelle :P

Ist bei der jüngeren dänischen Generation der Bezug zum Jantelov auch noch so ausgeprägt, oder nimmt das ab?
Was mir nicht so ganz klar ist, wie kann sich das mit beruflichem/schulischem Ehrgeiz vereinbaren: entweder jeder gibt permanent sein Bestes oder alle orientieren sich an dem Langsamsten?
D.h. Hochbegabung ist nicht erwünscht, geistige Behinderung ebenso?
Oder bedeutet es nur, dass derjenige, der besonders erfolgreich ist, nach aussen hin sehr bescheiden sein muss? Kein Stolz auf Landsleute mit herausragenden Leistungen? Puh, ich denke ich frage zuviel :P

Gruß

Dagmar
geloescht19

Beitrag von geloescht19 »

Hej Dagmar

wenn Du Dich nur mit der Schnittstelle nicht irrst. :D

Meistens ist es eher so, dass zwei Seelen - ach - in Deiner Brust toben. :shock:

Eines ist mir klar geworden im Laufe meines etwas "längeren" Lebens - gleichgültig welcher Nationalität (oder Kleinstaatenzugehörigkeit) die Menschen sind, Du findest Individualisten und "Andersdenkende", Kleinkarierte, Jantelovanhänger, Kosmopoliten usw. in allen Nationalitäten und glücklicherweise findet sich schnell "was zusammengehört". :P

Von diesem Augenblick an hören alle Unterschiede auf wichtig zu sein. :D

Charlotte
Dagmar P.
Mitglied
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Beitrag von Dagmar P. »

Troldmor hat geschrieben:

und glücklicherweise findet sich schnell "was zusammengehört". :P

Von diesem Augenblick an hören alle Unterschiede auf wichtig zu sein. :D

Charlotte
Das glaube ich auch, so lange die Menschen bereit sind, auf vernünftiger Ebene zu kommunizieren. :D

Gruß

Dagmar

Das mit den zwei Seelen kann schon stimmen! :wink:
geloescht19

Beitrag von geloescht19 »

Hej Dagmar

ich werf mir da nichts vor - meine Lachlust ist grenzenlos. :D
Aber ich mag niemanden mobben. Da geht die Grenze :(

Charlotte
xbus

individuell

Beitrag von xbus »

alle Menschen sind auf individueller Ebene gleich - alle muessen mal,
es wird sich horizontal vergnuegt und lachen und gemeinschaft gibts ueberall und auch alle anderen boesen eigenschaften.

Wenn man genug mut hat - kann man uebrigens auch mal seine meinung sagen.

ich hab hier einer mitarbeiterin gesagt, weil ich was buerokratisches suchte und noch nicht bescheid weiss, weil sie meckerte, dass sie doch auch einige sachen nicht finden wuerde.
da wurde es still und die tuer wurde eine halbe stunde zugemacht.

...ahjjj
da hatte ich wohl jentelov gebrochen - aber frech sind die daenen auch -
schwer ist der versteckte humor - ....man muesste ihn markieren -
aber sonst gehts.

Udo