Ronald - bitte nicht BILDUNG mit der BILD verwechseln!
Die Boulevard-Presse bedient genau das, was Dina treffend beschrieben hat:
dina hat geschrieben:Die lokale Presse ist alles andere als objektiv, wenn es ums Thema Wolf geht, und jeder Rehkadaver wird reißerisch aufbereitet, egal ob das Tier nun von selbst verendet ist, angefahren oder angeschossen, von Hunden, Wölfen Füchsen, Krähen oder sonstwas verzehrt wurde.
Gerne noch mit der Warnung "Vorsicht, schockierende Bilder!" versehen.
Was Dir, lieber Ronald, die BILD verschwiegen hat: Einen Wolf zu sichten ist nicht gleichbedeutend damit, von einem Wolf gefressen zu werden.
18.000 Wölfe haben keinen einzigen der 740 Mio. Einwohner in den letzten 40 Jahren tödlich angegriffen.
Es ist völlig normal, dass Jungwölfe die Gegend erkunden. Die Rudel haben Reviergrößen von 250 km² -350 km², und die Youngster wandern im Alter von 1-2 Jahren ab. Die haben kein Smartphone mit Navi, sondern müssen sich ihre Landkarten der Umgebung erst erlaufen. Der Wolf in Winsen lief an einem Sonntag durch den Ort - da waren keine Kinder in dem Kindergarten. Der Wolf in Dörmte lief an der Bushaltestelle vorbei, als dort keine Kinder waren - der Schulbus war längst abgefahren. Und der Wolf in Goldenstedt lief 2015 abends um 22:15 außerorts in Ortsnähe ("des Waldkindergartens") umher - da waren auch dort keine Kinder mehr. Der Wolf in Walsrode lief 200 m vom Wald entfernt abends gegen 21:00 Uhr über die Straße - und bewegte sich nicht auf den Pizzaboten (im Auto!) zu, sondern von ihm weg.
Unter Planet Schule - der Herr der Wölfe - gibt es eine Szene, in der eine besenderte Wölfin durch die rumänische 300.000-Einwohner-Stadt Brasov marschiert, ohne dass es irgendjemanden der Einwohner dort interessiert. Ist doch klar, dass nur im Jagd- und Agrarlobbyland Niedersachsen plötzlich die große Hysterie ausbricht.
Im oben von uns erwähnten Spiegel-Artikel bezeichnet John Linnell den Wolf als politische "Projektionsfläche", die eigentlich die Konflikte "Dörfler gegen Städter", "Tradition gegen Moderne" und "Jäger gegen Tierschützer" bedient: "So entstehen Mythen wie die vom Waldkindergarten und von der Bushaltestelle. Kein Wolf ist dort tatsächlich auf Kinder getroffen, doch allein die Vorstellung nährt bei vielen Menschen tief verwurzeltes Grauen." (Spiegel 10/2018: "Gefährliche Märchen" von Julia Koch, S. 105).
Und dieses "tief verwurzelte Grauen" nutzen Boulevard-Presse, Jagd- und Agrarlobby und Politiker, um ihre Interessen nach Auflagen, politischem Einfluss und Wählerstimmen zu bedienen. Möge sich jeder selbst fragen, ob er dieser Manipulation anheimfallen will oder nicht.
Wer lieber sachliche Informationen statt Boulevard-Sensationen liest, dem sei folgende ausführliche Lektüre des Bundesamtes für Naturschutz (Skript 201) von 2006/2007 empfohlen: Leben mit Wölfen, Leitfaden für den Umgang mit einer konfliktträchtigen Tierart in Deutschland
https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/docume ... ipt201.pdf
Zitat Seite 80:
Selbst in einem so dünn besiedelten Gebiet wie der Oberlausitz, ist ein fast tägliches Zusammentreffen von Mensch und Wolf nahezu unvermeidbar. Wölfe werden gesehen, wenn sie Straßen oder Felder überqueren. Anfangs sind die Leute überrascht oder auch beunruhigt, wie nahe sich Wölfe an die Siedlungen "trauen". In der Dunkelheit laufen die Tiere häufig an den Dörfern entlang und kürzen den Weg auch schon mal durch nicht eingezäunte Gärten ab. Die Menschen brauchen einige Zeit, um das für sie zunächst ungewöhnlich wirkende Verhalten zu verstehen und in den richtigen Kontext zu stellen.
(...)
Durch die Vermittlung möglichst detaillierter Kenntnisse über die "eigenen Wölfe", kann es sogar gelingen, eine Art Vertrautheit im Zusammenleben mit dem Neubürger zu erreichen.
Und dass der Wolf das Wild ausrottet, ist auch so eine tollkühne Behauptung der BILD, die sich in der Realität nicht abbilden lässt:
WELT, 31.05.2017: Sachsen-Anhalts Jäger erlegen so viel Wild wie nie zuvor
https://www.welt.de/regionales/sachsen- ... zuvor.html
Dresdner neueste Nachrichten, 12.08.2016: Rekord beim Schalenwild - Wildbestände in Sachsen steigen
http://www.dnn.de/Region/Mitteldeutschland/Wildbestaende-in-Sachsen-steigen
Umweltministerium Niedersachsen, 12.02.2016: Schalenwildarten und Neozoen nehmen stetig zu
http://www.ml.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/schalenwildarten-und-neozoen-nehmen-stetig-zu-149177.html