Was dem Wolf zum Verhängnis geworden ist ist die Tatsache, dass er bereits im Altertum und in vielen Mythen und Sagen als Menschen fressendes Monster beschrieben wird. In der finnischen Mythologie beispielsweise und auch dem finnischen Nationalepos „Kalevala“ welches jeder finnische Schüler verinnerlichen muss ist der Wolf als ein Wesen beschrieben, der dem Menschen Unheil bringt. Der aufgeklärte Finne lächelt hingegen heute darüber. Gleichwohl können auch die Samen im hohen Finnisch-Lappland von Wolfsrissen in ihren Rentierherden berichten aber nicht über menschliche Opfer. Und dies, obwohl deren Mittagstisch da oben nicht so reichlich gedeckt ist wie bei uns.
Leider ist es so, dass der Wolf, aber auch andere Raubtiere wie der Fuchs oder der Luchs auch bei uns in der Mythologie häufig das Böse symbolisieren. Die Brüder Grimm ließen nichts Gutes an ihm, so in den Märchen Rotkäppchen oder Der Wolf und die sieben Geisslein. Auch Walt Disney konnte es nicht sein lassen und bescherte Generationen von Kindern in den Geschichten von den drei kleinen Schweinchen „Ede Wolf“, auch genannt der „große böse Wolf“ ein Untier, vor welchem man sich fürchten muss.
Nun ja, Raubtiere heißen nun mal so, weil sie keine Pflanzenfresser sondern Fleischfresser sind. Und wenn sie in der freien Waldbahn nichts zu fressen finden machen sie sich eben auch über Nutz- und Haustiere her („Fuchs du hast die Gans gestohlen…“). Mehr noch als heute war in früheren Zeiten der Wolfsriss der vielleicht einzigen Kuh eines armen Bauern ein besonders herber Schlag. Die eine Kuh, vielleicht noch vier Schweine und ein paar Hühner waren neben Getreide- und Gemüseanbau häufig die einzige Erwerbsquelle.
In Ländern mit langen kalten Wintern ohne von Menschen zur Verfügung gestellten „Futterkrippen“ kommt es nicht selten zu wochenlangen Hungerperioden, in denen Wölfe sich von Baumrinden und allerlei Pflanzlichen am Leben erhalten. Wolfsforscher haben bei der Untersuchung von toten Wölfen in Nordosteuropa und Sibirien herausgefunden, dass diese über mehrere Wochen kein Fleisch verzehrten. Und obwohl sich ihr Jagdrevier innerhalb oder in der Nähe von menschlichen Siedlungsgebieten befand, wurden die dort lebenden Menschen nicht von den Wölfen attackiert.
Ich will da nichts beschönigen. Ich sehe durchaus das Problem von Bauern bzw. Viehhaltern. Allerdings sehe ich da keinen Grund dafür in Panik auszubrechen. Es gilt eine Lösung zu finden, mit der die Viehalter und die Wölfe leben können. Dabei gilt es einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten leben können.
Was mir aber bei der „Wolfshatz“ absolut gegen den Strich geht ist die bislang vollkommen unbegründete Angst davor, dass der Wolf eine Gefahr für den Menschen darstellt. Diese Angst ist nachgewiesenermaßen unbegründet. Der Mensch gehört einfach nicht zum Beuteschema des Wolfes.
“Sophia Liehn vom Kontaktbüro "Wölfe in Sachsen" sagt mit Blick auf die Statistik, Angriffe der Tiere auf Menschen seien äußerst selten. In ganz Europa gab es seit 1950 demnach nur neun bestätigte Fälle, in denen Wölfe einen Menschen getötet haben. Bei fünf davon waren sie an Tollwut erkrankt. Doch diese Krankheit gilt inzwischen als ausgerottet.“
Quelle:
https://www.mdr.de/wissen/woelfe-deutsc ... e-100.html
Seit der Rückkehr des Wolfes nach Deutschland und den angrenzenden Ländern ist bei uns noch nicht ein einziger Fall bekannt geworden wobei ein Mensch durch einen Wolf zu Schaden kam.
So gesehen muss selbst ich als Hundehalter gestehen, dass von jedem Haus- und Familienhund eine
wesentlich größere Gefahr für Leib und Leben der Menschen ausgeht, selbst wenn es sich dabei nur um einen Dackel handelt. Aber selbst bei 30.000 – 50.000 Bißverletzungen im Jahr (bei hoher Dunkelziffer) und mehrere für den Menschen tödlich verlaufende Beißattacken scheint für viele Menschen der Wolf als viel gefährlicher. Schließlich ist der Hund doch des Deutschen liebstes Haustier („Der tut nichts“, „Der will nur spielen“).
Derartige Sprüche von Hundehaltern, die ihren Hund nicht im Griff haben können mich rasend machen.
Und dann mal etwas zur Verhältnismäßigkeit: Jedes Jahr haben wir in Deutschland mehrere, für Menschen tödlich ausgehende Beißattacken durch Hunde und 264.000 Wildunfälle im Jahr 2016 mit 20 Toten und 2.500 teils schwerverletzten Menschen.
Und noch interessanter: Die Anzahl von Tieren, die von Weiden gestohlen oder gleich an Ort und Stelle geschlachtet werden (vielfach Schafe und Lämmer) übersteigt ein Vielfaches von den Tieren, die von Wölfen gerissen werden. Dies ist übrigens ein besonders heikles Thema, weil da recht häufig der Täterkreis bekannt ist. Und darüber wird derzeit nicht so gern berichtet. Das hat auch mit Political Correctness zu tun. Warum wird gerade letzteres geradezu totgeschwiegen?
Aber jetzt gibt es ja einen Blitzableiter. Jetzt ist es nicht mehr der sträunende Hund auf dem Spielplatz der die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt sondern der Wolf, den die allermeisten Menschen nur aus Sagen und Bilderbüchern kennen. Auf jeden Fall kann man mit dem Thema Wolf gut Politik machen und Stimmen gewinnen.
Ich sagte es bereits: Ich sehe momentan den Wolf als ein Bauernopfer, der für viele Dinge, die den kleinen Landwirt in seiner Existenz bedrohen, herhalten muss. Ansonsten müsste auf Schildern eher auf die Gefahr von Wildschweinen und vor allem Hunde hingewiesen und Eltern angewiesen werden zum Schutz ihrer Kinder vor diesen Bestien diese in Feld und Flur grundsätzlich an die Hand zu nehmen.
Wenn man es einmal ganz nüchtern betrachtet müsste demnach eher zum großen Halali auf Hunde bzw. deren Zwangstötung geblasen werden.