Korruptionsindex. Verwaltung in DK

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Rene Urban

Korruptionsindex. Verwaltung in DK

Beitrag von Rene Urban »

Es gibt einen Korruptionsindex von Transparenty International, in welchem Dänemark, Schweden u. Norwegen sehr gut wegkommen. (Finnland war auch mit dabei) Es soll demnach kaum Korruption in der Verwaltung vorkommen. Ein Grund dafür soll das "Prinzip der gläsernen Verwaltung" sein. Wie funktioniert das in DK ? Kann z.B. der dänische Bürger einfach so ins Bauamt seiner Gemeinde und die Bauakte für den Wintergarten seines Nachbarn einsehen, um zu prüfen, ob das Genehmigungsverfahren auch mit rechten Dingen und ohne Schmiergeld zugegangen ist ?
Gibt es in Dänemark größere Korruptionsskandale ?

Danke

René
Zuletzt geändert von Rene Urban am 08.02.2003, 19:12, insgesamt 1-mal geändert.
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

Hallo Rene

Das "Prinzip der gläsernen Verwaltung", wie es offenbar auf deutsch heisst, gibt jedem Bürger Recht auf Einsicht in die meisten schrichtlichen Produkte von öffentlichen Einrichtungen. Das Prinzip ist über mehrere Gesetze verteilt, mit ergänzenden Bestimmungen in diversen Spezialgesetzen. Es gibt jede Menge Ausnahmebestimmungen, und du kannst ganz ruhig sein: Wichtige politische Projekte sind nicht transparent.

Aber was die Bauakte des Nachbarn angeht, würde mich sehr wundern, wenn man nicht volle Einsicht hat. Ich habe z.B. eine Grundbuchzeichnung über mein Nachbarhaus. Allerdings ist das dänische Baurecht scheinbar wesentlich einfacher als das deutsche, die Verwaltung ist schneller, und richtig Grund zum Schmieren gibt es selten.

Korruption gibt es bei der Verteilung von Sozialwohnungen, der Vergabe von Kindergartenplätzen usw. Darüber hinaus gibt es ab und zu grosse Skandale. Es scheint aber nicht so viele tüchtige journalistische Enthüllungsspezialisten zu geben wie in D. Ich wundere mich z.B. oft, warum man in den diversen Fällen von Aufsichtsunterlassung, z.B. bei der Kommunalaufsicht und dem Finanzsektor, nie die Frage stellt, ob grosse Bestechung im Spiel war. Allenfalls ein Verdacht gegen den Mitarbeiter, der seinen Job wegen der "richtigen Gesinnung" bekam, tritt auf.

Aber alles in allem habe auch ich den Eindruck, dass das Bestechungssniveau niedriger ist als in D.

Gruss Michael
Zuletzt geändert von MichaelD am 26.02.2003, 11:31, insgesamt 1-mal geändert.
Grüsse
Michael
MichaelD
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Beitrag von MichaelD »

Noch eine Bemerkung zum Thema Gläserne Verwaltung: Sie schützt auch den öffentlich Beschäftigten in gewissem Grade davor, von politischen oder dienstlichen Vorgesetzten zum Rechtsbruch genötigt zu werden. Dies ist u.a. korruptionsvorbeugend, aber auch arbeits- und strafrechtlich bedeutsam.

Weiterhin gibt es einen antihierarchischen Effekt. Vorgesetzte und Vertreter anderer Stellen können in gewissem Masse zum Zuhören gezwungen werden, wollen sie sich im Untersuchungsfall nicht in ein schlechtes Licht rücken. Dies hat Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Chef und Untergebenen usw. Es verhindert mit, dass man mit ignoranter Arroganz weit kommt in DK.

Alles in allem ist sehr schade, dass das Prinzip in Deutschland nur von Politikern diskutiert wird, die im Zweifelsfall kein Interesse am Offenlegen ihrer Aktivitäten haben.

Gruss Michael
Grüsse
Michael