Ronald hat geschrieben:
Dennoch, wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich aufgrund der unkomplizierteren Gesundheitsversorgung, das Kind in Deutschland entbinden.
Du Ronny, wirklich?
Ich denke nicht, dass in Dänemark bei einer anstehenden Entbindung die Hebamme mit dem Fahrrad heraneilt und wie im wilden Westen bei Gary Cooper und Co. um eine Schale mit heißem Wasser bittet und drei Generationen vor der Tür angsterfüllt auf den ersten Schrei des Nachwuchses warten. Ja, und die meisten Menschen, die mir in Dänemark bisher begegneten machten bisher auf mich durchweg einen gesunden Eindruck.
Aber im ernst: Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Gesundsversorgung in Dänemark nicht schlecht ist. Der Standard ist sicher nicht so hoch wie in Deutschland und für den normal Versicherten nach Hausarztmodell sicherlich etwas ungewohnt. So ist für den grundsätzlich der für seinen Wohnbezirk zuständige Hausarzt zuständig der auch über eine evtl. Überweisung zum Facharzt entscheidet (außer HNO, Augen, Zähne). Aber auch in Dänemark gibt es eine Kaste von etwa 2 Prozent der Bevölkerung, die einen ähnlichen Status wie in Deutschland die privat Versicherten genießen und den Hausarzt und seine Entscheidung übergehen können (Zusatzversicherung).
Ich spreche jetzt lediglich aus Erfahrung eines Deutschen, der bereits mit dem dänischen Gesundheitssystem Bekanntschaft aber dabei keine schlechten Erfahrungen gemacht hat. Dennoch wüßte ich, dass ich bei einer geplanten Operation oder bei bestimmten Untersuchungen (Herzkatheteruntersuchung, Bypass-OP, Gelenkersatz etc.) in eine deutsche Klinik gehen würde. Diese Wahlmöglichkeit haben aber nur sehr wenige. Ich würde einem deutschen Staatsbürger, der nach Dänemark geht um dort zu arbeiten immer empfehlen, in der deutschen KV zu verbleiben.
Von zwei mir bekannten Fällen beispielhaft nur einer: Verkehrsunfall des Freundes unserer Tochter mit dem Motorrad (Kollosion mit Wild). Die Folge: Eine Schultergelenksprengung mit Hochstand des Schlüsselbeins (Tossy 3 bzw. Rockwood V). Der junge Mann, den es betraf wurde ins Krankenhaus eingeliefert und auf weitere Unfallfolgen untersucht. Die wurden nicht gefunden. Zwei Tage später wurde er entlassen mit der Empfehlung, sich zwecks konservativer Weiterbehandlung in Deutschland weiterbehandeln zu lassen. Eine Operation sei bei derartigen Verletzungen unüblich.
Nach tel. Rücksprache und Empfehlung einer befreundeten Ärztin fuhr ich mit dem Patienten direkt von Dänemark aus nach Hamburg in die Unfallklinik der Berufsgenossenschaft. Der junge Mann wurde unverzüglich stationär aufgenommen und operiert. Kommentar des Oberarztes nach der OP: Eine OP ist ab Tossy 2 heute allgemein Standard. Wäre keine Operation erfolgt wäre es mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit zu einer lebenslangen Berufsunfähigkeit gekommen. Der Arzt war geradezu sprachlos über diese Form der ärztlichen Hilfeverweigerung in Dänemark. Was der noch über seine Standeskollegen im Nachbarland äußerte sage ich hier lieber nicht.
Dieses Beispiel soll nur zeigen, dass Dänemark und auch in anderen EU-Staaten in der Unfallchirurgie aber auch in der Herzchirurgie nicht den in Deutschland gewohnten Standard bieten. Da sind wir noch immer Spitze, allerdings wohl auch preislich.
Die Schulter verheilte ohne verbleibende Komplikationen.