Der Nordschleswiger

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hanno
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Der Nordschleswiger

Beitrag von hanno »

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Nordschleswiger

Ich habe eine Frage an die in Dänemark lebenden Menschen die aus Deutschland eingereist sind, was diese Zeitung für sie bedeutet ?

Weil diese Zeitung hier oft zitiert wird, möchte ich gern wissen wie die " Einheimmischen " darüber denken.

Dient sie der deutsch dänischen Verständigung, oder ist sie nur ein Mitteilungsblatt für die deutsche Minderheit die in Dänemark lebt ?

Gibt es diese deutsche Minderheit überhaupt, wenn ich an Europa denke ?

Danke schon mal für die Antworten.
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Bruno

Beitrag von Bruno »

Alleine der Spruch ist schon die Härte:
"Sie wurde 1946 als erste freie deutschsprachige Zeitung in Westeuropa gegründet"
Was verstehen die denn unter "frei"? :roll:
Sind alle anderen deutschsprachigen Zeitungen die schon Jahrzehnte früher gegründet wurden "unfrei"? :?:
Kaellepot
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Beitrag von Kaellepot »

Sorry wenn ich jetzt antworte, obwohl ich nicht ein in DK lebender Deutscher bin. ;-)


Die Zeitung hat ihren Sitz in Aabenraa, sprich Grenzgebiet.
Da ist das Minderheitenthema wirklich noch aktuell.
Auch in der dortigen Hojskole kommt man um das Thema nicht drumherum, was auf die Dauer ehrlich gesagt etwas anödet, wenn man weit weg wohnt und überhaupt nicht davon betroffen ist.


Aber ich hatte mal das Vergnügen im Rahmen eines Hojskole-Aufenthaltes
in Aabenraa einen Vortrag mit anschliessenden FAQ mit Siegfried Matlok zu erleben. Da rührt sich was. Der Mann hat Einblick in die politischen Geschehnisse und erzählt das Ganze aus der deutschen sowie aus der dänischen Sicht mit einer ordentlichen Portion Humor.
Manchmal vergisst er bisschen, welche Sprache er gerade spricht.
Aber den muss man mal erlebt haben. Er lebt seinen Beruf.

http://de.wikipedia.org/wiki/Siegfried_Matlok
hanno
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Beitrag von hanno »

Siegfried Matlok ist auch noch der Herausgeber diese Buches.

[url][/url]
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frosch
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Beitrag von frosch »

Bruno hat geschrieben:Alleine der Spruch ist schon die Härte:
"Sie wurde 1946 als erste freie deutschsprachige Zeitung in Westeuropa gegründet"
Was verstehen die denn unter "frei"? :roll:
Sind alle anderen deutschsprachigen Zeitungen die schon Jahrzehnte früher gegründet wurden "unfrei"? :?:
Hallo Bruno,
da bist Du etwas über die (Nachkriegs-)Geschichte gestolpert.
Gemeint ist damit die erste Gründung einer freien deutschsprachigen Zeitung nach der Nazizeit; die im besetzten Deutschland erscheinenen Zeitungen waren zu der Zeit Lizenzausgaben der jeweiligen Allierten.

Warum Du allerdings schreibst
Bruno hat geschrieben:Alleine der Spruch ist schon die Härte
,
was eine gehörige Kritik am Nordschleswiger impliziert, ist für mich nicht nachvollziehbar. Vielleicht kannst Du es erklären.

Für mich ist es eine ausgezeichnete Informationsquelle über vieles, was in DK passiert und was unsere Nachbarn bewegt, und natürlich leichter zu lesen, als die anderen dänischen Medien.
Bruno

Beitrag von Bruno »

@frosch: Ich gebe dir gerne etwas europäischen Geographie- und Sprachunterricht. (Auch) zum damaligen Westeuropa gehörten mehr Länder als West-Deutschland. Unter anderem ist Deutsch auch in Österreich und der Schweiz offizielle Landessprache.
Alleine deshalb ist die Aussage, erste freie deutschsprachige Zeitung in Westeuropa" in der Form schon mal schlichtweg falsch.
Ausserdem wurden viele deutschsprachige Zeitungen lange vor den beiden Weltkriegen gegründet und dürften daher den (fraglichen) Titel "freie" Zeitung weit vor dem Nordschleswiger für sich beanspruchen.

Wenn nun eine Zeitung, die für sich Seriosität beansprucht, einen solchen Spruch publiziert, ist das für mich einfach unprofessionell.
hanno
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Beitrag von hanno »

https://de.wikipedia.org/wiki/Internati ... edienhilfe

Die Gruppe gibt wohl das Geld, das nötig ist den Nordschleswiger am Leben zu halten, denn mit ca. 2000 Leser kann man keine Zeitung bestreiten.
Aber die Internationale Medienhilfe scheint sich in diesen Bereich vielseitig einzubringen.
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hanno
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Beitrag von hanno »

[url]http://www.bdn.dk/selbsthilfe[/url]

Aber es ist schon erstaunlich wie die Nordschleswiger organisiert sind, über die Zahl der Mitglieder im Bund der Nordschleswiger, deren Zeitung ja" der Nordschleswiger" ist habe ich nichts gefunden.
Aber wenn man von ca. 2000 verkauften Exemplaren der Zeitung ausgehen, könnte das nach meiner Meinung auch die Zahl der deutschen Minderheit in Dänemark sein.
Die Mitglieder können auch Kredite beantragen, das ist schon gut organisiert.
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Moms
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Beitrag von Moms »

Also, ich wohne südlich der Grenze in Südschleswig - aber auch ich lese ab und zu den Nordschleswiger. Schätze diese Zeitung sehr! Der Mantelteil des Nordschleswigers wird allerdings inzwischen vom Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (der u.a. das Flensburger Tageblatt herausgibt) übernommen.

@Hanno: Glaubst Du, dass es die deutsche Minderheit angesichts der europäischen Integration bald nicht mehr geben wird? Ich bin nämlich über einen Satz von Dir gestolpert, der mich erstmal stutzig gemacht hat ("Gibt es diese deutsche Minderheit überhaupt, wenn ich an Europa denke ?"). Die nationale Zugehörigkeit zur deutschen (oder dänischen, friesischen, sorbischen usw.) Minderheit (oder Mehrheit) hängt sich ja nicht an der EU auf. Viele der kleineren nationalen Minderheiten sehen in der europäischen Integration eher eine Chance als eine Bedrohung (Stichwort "Europa der Regionen").

Die Koblung zwischen Verkaufszahlen des Nordschleswigers und der Größe der deutschen Minderheit zieht übrings nicht. Ich geh mal davon aus, dass auch in der deutschen (französischen, dänischen usw.) Mehrheit die Zahl der Zeitungsleser unter der der Gesamtanzahl der Deutschen (Franzosen, Dänen etc.) liegen wird. Meines Wissens wird die Zahl der deutschen Nordschleswiger auf 15.-20.000 Leute geschätzt.

Wer sich für das deutsch-dänische Grenzland interessiert, dem seien übrings auch die Radionachrichten vom Nordschleswiger und von Flensborg Avis (kann man jeweils auf den Internetseiten nachhören) und das gemeinsame Projekt der Tageszeitungen in Nord- und Südschleswig UnterNachbarn (www.unter-nachbarn.de/) empfohlen.

Gruß, Moms
hanno
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Beitrag von hanno »

@Moms

Das mit der deutschen Minderheit in Dänemark verstehe ich nicht so ganz.
Ich gehe jetzt mal von mir aus, ich würde von Deutschland nach Dänemark
auswandern sagen wir ins dänische Grenzgebiet.
Das würde bedeuten das ich nun in Dänemark leben möchte und mich in die Gesellschaft integrieren will, warum soll ich nun das deutsche Fähnchen hochhalten und mich als deutsche Minderheit in Dänemark betrachten.

Oder liege ich da total falsch, es geht um das Ende des 2. Weltkriegs als die Grenzbereiche verschoben worden sind und die Deutschen und ihre Nachfahren die jetzt in diesem Gebiet leben fühlen sich mehr als Deutsche und nicht so stark als Dänen.
Was ist nun richtig, oder ist beides falsch.
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Beitrag von Moms »

@ Hanno:
Ich versuch mal die Geschichte des Grenzlandes und die der Minderheiten in ein paar Sätzen zusammen zu fassen:

Die nationalen Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland sind (wenn man so will) über Jahrhunderte entstanden. Nach der Auswanderung der Angeln in der Völkerwanderung siedelten Dänen nördlich von Eckernförde und Husum. An der Nordseeküste siedelten sich daneben die Nordfriesen an. Später wuchs im Herzogtum Schleswig der deutsche Einfluss und Deutsch wurde die dominierende Sprache. So entstand eine Region, die sowohl deutsch, dänisch und friesisch geprägt war (und das erstmal meistens ohne größere Probleme).

Mit dem Nationalismus des 19. Jahrhundert entstand jedoch ein Konflikt, inwieweit das Herzogtum Schleswig zu Dänemark oder Deutschland gehören solle. Es kam zu zwei Kriegen, die damit endeten, dass Schleswig erst einmal preußisch wurde. Erst 1920 wurde Schleswig dann in das dänische Nordschleswig und das deutsche Südschleswig geteilt - mit der Folge, dass jeweils Minderheiten der jeweils anderen Seite zurückblieben. Das dänische Nordschleswig hat seitdem eine deutsche Minderheit und das deutsche Südschleswig eine dänische und friesische Minderheit.

Die Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland sind also autochthone (also einheimische oder angestammte) Minderheiten. Deutsche Nordschleswiger oder dänische Südschleswiger sind also in der Regel keine Einwanderer (wie zum Beispiel Türken in Deutschland oder Deutsche auf Mallorca).

Man könnte es auch anders sagen: Die Geschichte Schleswigs mit den wechselnden Grenzen hat dazu geführt, dass Schleswiger eben deutsch, dänisch oder friesisch sein können. Je nachdem, auf welcher Seite der Grenze man wohnt, wurde man dann Teil der Mehrheit oder Teil der Minderheit.
Tatzelwurm
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Beitrag von Tatzelwurm »

Hej Hanno,

die Geschichte Schleswig-Holstein lässt sich nicht
auf die Geschichte des Nordschlewigers reduzieren.
Du hast doch selbst immer von dir behauptet, dass dich
Land und Leute interessieren und du hinter die Kulissen schaust.
dann siehe hier:
http://www.geschichte-s-h.de/
Ist eben mehr als eine einfache I(E)mmigration.

Detlef
Schmeichler sind wie Katzen,
vorne lecken, hinten kratzen.

Wenn jeder Scheinheilige wie eine 60-Watt-Birne leuchten würde, könnte man nachts nicht mehr ohne Augenbinde schlafen.
Kaellepot
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Beitrag von Kaellepot »

Wenn Du eine Woche auf der Hojskole in Aabenraa verbringst,
lernst Du ganz ganz viel davon. Ob man will oder nicht.....

Dort wird auch anders gesprochen, als im Restdänemark.
Und manchmal besucht die Hojskole auch die Redaktion des Nordschleswigers. Sehr interessant sag ich Dir.
hanno
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Beitrag von hanno »

@ Moms, Tatzelwurm und Kaellepot

Danke für eure interessanten Hinweise, jetzt kann ich dieses Thema schon viel besser nachvollziehen.
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