Selbständig in Dänemark

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nightcabbie
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Selbständig in Dänemark

Beitrag von nightcabbie »

2005 dachte ich zum ersten Mal daran, mich in Dänemark niederzulassen. Damals war Frust über den deutschen Arbeitsmarkt meine Hauptmotivation. Trotz abgeschlossenem Hochschulstudium in Amerikanistik malochte ich als schlechtbezahlter Taxifahrer. In den Medien las ich Berichte über die boomende dänische Wirtschaft und das angebliche "Arbeitnehmerparadies" Dänemark. Ich fing an, Dänisch zu lernen und träumte von einem Leben nördlich der Grenze. Doch dann kam 2008 die Finanzkrise und läutete in DK das Ende der fetten Jahre ein. Ernüchtert gab ich meine Pläne auf.

Heute ist meine Situation völlig anders. Ich habe mich auf meine Qualifikationen besonnen, die ich mir während meines Amerikanistik-Studiums und meines langjährigen USA-Aufenthalts erworben habe, und arbeite nun als freiberuflicher Literaturübersetzer. Auf einen festen Arbeitsplatz bin ich nicht mehr angewiesen, es sei denn, ich will mir als Minijobber ein wenig dazuverdienen.

Jetzt spiele ich plötzlich wieder mit dem Gedanken, in DK zu leben. Nicht, weil ich auf dem deutschen Arbeitsmarkt keine Perspektiven mehr sehe, sondern einfach, weil es mir in der Region Sønderjylland gut gefällt, vor allem in schmucken, gemütlichen Städten wie Tønder und Sønderborg.

Mit meiner selbständigen Tätigkeit verdiene ich zurzeit im Jahr knapp 20.000 Euro vor Steuern und Sozialversicherungsbeitrag an die Künstlersozialkasse. Reich werde ich nicht davon, aber ich komme bequem über die Runden. Jetzt frage ich mich, könnte ich das in der von mir anvisierten Region in DK auch? Was müsste ich bei diesem Jahreseinkommen an Steuern zahlen? Käme ich womöglich günstiger weg als in Deutschland? Soviel ich weiß, wird in DK das Sozialsystem über Steuern finanziert, man zahlt also nicht die hohen Sozialabgaben, wie sie in Deutschland üblich sind. Und gerade Niedrigverdiener werden bei uns über die Sozialabgaben ja ganz schön abgezockt.

Auch stellte ich jüngst beim Blick in Wohnungsportale wie lejebolig.dk und boligportal.dk fest, dass es gerade in der von mir favorisierten Region jede Menge freie und gar nicht mal teure Wohnungen gibt.

Wie gesagt, ich bin kein Wirtschaftsflüchtling und habe es aus arbeitstechnischen und wirtschaftlichen Gründen eigentlich nicht nötig, nach DK auszuweichen. Mir gefällt es einfach in der Region Sønderjylland, und ich könnte mir gut vorstellen, dort heimisch zu werden.

Ich wollte meine Überlegung einfach mal in den Raum stellen und bin auf Meinungen und Feedback gespannt.
Hafra
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Beitrag von Hafra »

Hi
also Künstlerkasse kenne ich in DK nicht.
Gewerbe anmelden geht einfach (virk.dk)
Steuern solltest du mal 35% anpeilen und dann anfangen zu rechnen ob du dann klar kommst. Ich denke es nicht da zuviele "Kleinigkeiten" hier richtig ins Geld gehen (Auto,Telefon/Internet usw) aber eben deine Entscheidung.
Aufgrund des Principle place of business kannst du überall arbeiten und dich dort am Wohnort versteuern.

mvh hafra
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Tatzelwurm
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Beitrag von Tatzelwurm »

Hej,

lass dich doch in Südschleswig nieder,
dann haste beides
oder von jedem etwas.

Detlef
Schmeichler sind wie Katzen,
vorne lecken, hinten kratzen.

Wenn jeder Scheinheilige wie eine 60-Watt-Birne leuchten würde, könnte man nachts nicht mehr ohne Augenbinde schlafen.
nightcabbie
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Beitrag von nightcabbie »

Ich danke euch für euer Feedback. Tatzelwurm, du hast recht. Ich hatte mir auch schon überlegt, nach Flensburg zu ziehen. Oder nach Süderlügum, denn von dort nach Tønder sind es nur knapp 10 km.

35% Abzüge, da komme ich in Deutschland doch noch etwas billiger weg. Ich hatte bei skat.dk etwas von einem Eingangssteuersatz von 11% gelesen und gedacht, mit meinem nicht allzu hohen Einkommen in diese Kategorie zu fallen. Bei uns in D gibt es ja einen Freibetrag von 8.000 Euro. Gibt es das in DK auch? Konnte bei oberflächlicher Betrachtung der Skat-Webseite nichts dazu finden.

Nochmal danke für eure Kommentare.
Jan_K
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Beitrag von Jan_K »

gibt es in DK auch, ist ähnlich hoch wie in D, wirf am besten mal die forumssuche an, da solltest du einiges finden, das steuersystem in DK ist erheblich einfacher gestrickt als das deutsche
gerda

Beitrag von gerda »

Ich würde mich - im Falle einer Auswanderung - auch vorher erkundigen, wie es mit der MwSt-Pflicht bei Honoraren ist. Der normale MwSt-Satz in DK liegt ja bei 25 %.
Hina
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Beitrag von Hina »

Als ich 2008 nach DK auswanderte, wollte ich es genauso machen. Ich war in DE auch selbständig, wollte sozusagen hier meinen Job weitermachen. Die Ernüchterung kam, als ich meine Unterlagen für die Registrierung in DK vorlegte. Aufgrund meines Einkommens und das lag höher als Deines, wurde es abgelehnt. Die CPR bekam ich erst, als ich mir hier einen Halbtagsjob suchte, der schlechter bezahlt war ;).

Den unterschiedlichen Statuts Freiberufler/Selbständiger gibt es in DK nicht.

Vom Gesamteinkommen zahlst Du 8 % Arbeitsmarktbeitrag. Von dem Rest wird der Freibetrag von 42.900 kr = 5758 EUR abgezogen und der Rest mit ca. 35-38 % je nach Kommune besteuert. Bleiben Dir keine 10.000 EUR im Jahr zum leben. Das reicht natürlich hinten und vorne nicht, wenn Du nicht einen mitverdienenden Partner hast.
"Alle Menschen haben das gleiche Recht zu denken, aber die wenigsten machen Gebrauch davon.“ Curt Goetz
Jan_K
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Beitrag von Jan_K »

gerda hat geschrieben:Ich würde mich - im Falle einer Auswanderung - auch vorher erkundigen, wie es mit der MwSt-Pflicht bei Honoraren ist. Der normale MwSt-Satz in DK liegt ja bei 25 %.
wenn seine kundschaft in D sitzt, kann er auch dort MWST abführen, da ich davon ausgehe, dass es sich bei übersetzungen hauptsächlich um geschäftskunden handelt, können die aber ohnehin auch ausländische umsatzsteuern/einfuhrumsatzsteuern über den vorsteuerabzug mit geltend machen bzw. besteht die möglichkeit, komplett netto abzurechnen
nightcabbie
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Beitrag von nightcabbie »

Die letzten drei Kommentare waren sehr hilf- und aufschlussreich für mich. Jetzt weiß ich mehr. Danke an die Kommentatoren.
clodo
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Beitrag von clodo »

Bzgl. der steuerlichen Dinge, kannst du in der Tat auch Deutschland weiterhin in Erwägung ziehen. Sonst hängt es eben davon ab, wie erfolgrich die Idee ist. Ist sie gut, kann man ebenfalls in Dänemark guten Gewinn machen.
Jan_K
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Beitrag von Jan_K »

nur dass die nachfrage nach deutsch - englisch übersetzungen in DK wohl eher gering sein dürfte...
nightcabbie
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Beitrag von nightcabbie »

@Jan_K: Ich übersetze amerikanische Unterhaltungsliteratur aus dem Amerikanischen ins Deutsche. Diesen Job kann ich überall machen. Meinen Auftraggebern ist egal, wo ich wohne. Ich brauche nur einen Computer und Internetanschluss.

Ein Leben in DK käme wohl nur infrage, wenn ich neben dieser selbständigen Tätigkeit noch einen vernünftig bezahlten Teilzeitjob hätte. Qualifiziert wäre ich wegen meiner Sprachkenntnisse (fließend Englisch und Deutsch, ausreichend Französisch, Spanisch und Schwedisch) wohl am ehesten für Tätigkeiten, wo man viel mit internationalem Publikum zu tun hat. Zb in einem Fremdenverkehrsbüro (turistbureau), Hotelrezeption, Mietwagenschalter am Flughafen.

Wäre auch nicht abgeneigt, in Teilzeit Taxi zu fahren, zb als sogenannter "weekend afløser".

Wie gesagt, ich muss nicht aus wirtschaftlichen Gründen D verlassen und woanders mein Glück suchen. Mir ginge es rein darum, irgendwo zu leben, wo es gemütlich und beschaulich ist. In DK gibt es ja genügend Städte kleinerer und mittlerer Größenordnung, wo das möglich sein müsste.

Interessant finde ich übrigens, dass man zurzeit jede Menge Mietwohnungsangebote findet, vor allem in Randgebieten. Habe soeben mal den Wohnungsmarkt in Frederikshavn gecheckt. Auch in Sønderjylland gibts jede Menge relativ günstige Mietwohnungen, mehr als noch vor ein paar Jahren. Woher kommt das?
Hina
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Beitrag von Hina »

nightcabbie hat geschrieben:Interessant finde ich übrigens, dass man zurzeit jede Menge Mietwohnungsangebote findet, vor allem in Randgebieten. Habe soeben mal den Wohnungsmarkt in Frederikshavn gecheckt. Auch in Sønderjylland gibts jede Menge relativ günstige Mietwohnungen, mehr als noch vor ein paar Jahren. Woher kommt das?
Zum einen, weil das oft die weniger "gemütlichen" Ecken sind, zum anderen weil die Kaufpreise für Häuser in vielen Gegenden günstiger geworden sind und so macher sich nun eher überlegt, sich was zu kaufen. Und nicht zuletzt liegt es auch daran, wie der Arbeitsmarkt dort aussieht. Hier sind auch viel mehr günstige Wohnungen zu haben, als noch vor 4 Jahren aber es haben eine ganze Reihe Firmen zugemacht.
"Alle Menschen haben das gleiche Recht zu denken, aber die wenigsten machen Gebrauch davon.“ Curt Goetz
Thymann
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Re:

Beitrag von Thymann »

Hina hat geschrieben: 22.11.2012, 23:53 Den unterschiedlichen Statuts Freiberufler/Selbständiger gibt es in DK nicht.

Vom Gesamteinkommen zahlst Du 8 % Arbeitsmarktbeitrag. Von dem Rest wird der Freibetrag von 42.900 kr = 5758 EUR abgezogen und der Rest mit ca. 35-38 % je nach Kommune besteuert. Bleiben Dir keine 10.000 EUR im Jahr zum leben. Das reicht natürlich hinten und vorne nicht, wenn Du nicht einen mitverdienenden Partner hast.
Moin und frohes neues Jahr

Mittlerweile beträgt der Freibetrag offenbar 48.000 kr. Damit würde ich bei einem Jahreseinkommen von 90.000 kr auf folgende Rechnung kommen:

Arbeitsmarktbeitrag 8 % sind 7.200 kr.
Von den estlichen 92 %, also 82.800 kr wird der Freibetrag abgezogen. Also müssen 34.800 kr versteuert werden. Bei 38 % sind das 13.224 kr Steuern, so dass 82.800 kr - 13.224 kr = 69.576 kr übrig bleiben.

Kann das jemand diese Rechnung bestätigen?

Ist es in Dänemark möglich als Verheirateter den Freibetrag doppelt beim Haupt-/Alleinverdiener abzuziehen? Denn dann würde man ja sogar gar keine Steuern, abgesehen von den 8 % Arbeitsmarktbeitrag, bezahlen müssen. Man hätte also netto 82.800 kr im Jahr.

Gruß, Thymann