Søren Kam wieder frei
@Danebod: Deshalb halte ich Deine Aussage auch für ärgerlichen Unsinn. Ich weiss nicht was da bei Dir los ist, Du scheinst eigentlich ein intelligenter Mensch zu sein, aber wenn es um Politik geht, schaltet Dein Hirn um auf eine zumindest extrem selektive, wenn nicht grob verschobene Wahrnehmung. Was natürlich Dein gutes Recht ist -- aber in Hinblick darauf, dass hier auch Leute lesen, die die deutschen Verhältnisse nur aus der Ferne kennen, ist mir der Hinweis schon wichtig, dass Deine Interpretation der Realität recht exotisch ist.
-- Martin
-- Martin
Die Realität in Deutschland sieht so aus, dass bei Straftaten verbreitet mit zweierlei Maß gemessen wird.
Auch bei Kapitalverbrechen haben Rechtsextremisten bessere Chancen als jeder andere, mit Freispruch oder Verurteilung wegen eines geringer strafbewehrten Delikts davonzukommen.
Ob die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte sich an die Regeln und Gesetze halten oder nicht, ist Glückssache. Die Politik übt Einfluss auf die Staatsanwaltschaften und damit auch auf die Verfahren aus, denn die Justizminister sind weisungsberechtigte Dienstvorgesetzte. Deshalb variiert die Qualität der Straftatenverfolgung von Bundesland zu Bundesland und zwischen Bundes- und Landesgerichten. Und je nach politischer Konjunktur.
Auch bei Kapitalverbrechen haben Rechtsextremisten bessere Chancen als jeder andere, mit Freispruch oder Verurteilung wegen eines geringer strafbewehrten Delikts davonzukommen.
Ob die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte sich an die Regeln und Gesetze halten oder nicht, ist Glückssache. Die Politik übt Einfluss auf die Staatsanwaltschaften und damit auch auf die Verfahren aus, denn die Justizminister sind weisungsberechtigte Dienstvorgesetzte. Deshalb variiert die Qualität der Straftatenverfolgung von Bundesland zu Bundesland und zwischen Bundes- und Landesgerichten. Und je nach politischer Konjunktur.
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"Grober Quatsch!" - würde ein stadtbekannter Strafverteidiger hierzu vermutlich sagen.Danebod hat geschrieben:Die Realität in Deutschland sieht so aus, dass bei Straftaten verbreitet mit zweierlei Maß gemessen wird.
Auch bei Kapitalverbrechen haben Rechtsextremisten bessere Chancen als jeder andere, mit Freispruch oder Verurteilung wegen eines geringer strafbewehrten Delikts davonzukommen.
Ob die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte sich an die Regeln und Gesetze halten oder nicht, ist Glückssache. Die Politik übt Einfluss auf die Staatsanwaltschaften und damit auch auf die Verfahren aus, denn die Justizminister sind weisungsberechtigte Dienstvorgesetzte. Deshalb variiert die Qualität der Straftatenverfolgung von Bundesland zu Bundesland und zwischen Bundes- und Landesgerichten. Und je nach politischer Konjunktur.
/annika
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Jo, nämlich als Beispiel dafür, wie man es nicht macht.Danebod hat geschrieben:Ja, es gibt schlechtere - na und?
Wollen wir die uns als Beispiel nehmen?
Ich sehe nicht ganz den Sinn in Deinen Ausführungen.
Wenn Du etwas am System verändern möchtest, ist das hier meiner Ansicht nach nicht die passende Plattform.

/annika
Kommen wir zurück zum aktuellen Fall: Es ging in der angegriffenen Entscheidung nicht um eine Verurteilung Kams, sondern darum, ob der Mann für die Dauer der Prüfung des Auslieferungsverfahrens in Haft bleiben muss. Dafür sieht das Gesetz bestimmte Voraussetzungen vor. So muss beispielsweise eine Gefahr der Wiederholung, der Verschleierung, der Bedrohung von Zeugen oder eben der Flucht bestehen. Ist dies nicht gegeben, muss er vorläufig freigelassen werden.
So widerlich Kams Verhalten auch ist: Bei dieser Entscheidung dürfen seine erwiesenermaßen falsche (frühere) Verteidigung und seine politische Einstellung keine Rolle spielen. Ich habe bisher noch kein sachliches Argument vernommen, weshalb die Entscheidung falsch gewesen sein sollte. Aber korrigiert mich bitte, wenn ich da etwas verpasst haben sollte.
-- Martin (der sich wirklich nicht wohl dabei fühlt, hier den Anwalt der Rechte eines Nazis und Mörders zu spielen, aber im Gegensatz zu Danebods Verschwörungstheorie stehen die Rechte eines Rechtsstaats allen zu -- auch Naziverbrechern. Und jetzt keine albernen Wortspielchen mit "Recht" und "rechts", bitte.)
So widerlich Kams Verhalten auch ist: Bei dieser Entscheidung dürfen seine erwiesenermaßen falsche (frühere) Verteidigung und seine politische Einstellung keine Rolle spielen. Ich habe bisher noch kein sachliches Argument vernommen, weshalb die Entscheidung falsch gewesen sein sollte. Aber korrigiert mich bitte, wenn ich da etwas verpasst haben sollte.
-- Martin (der sich wirklich nicht wohl dabei fühlt, hier den Anwalt der Rechte eines Nazis und Mörders zu spielen, aber im Gegensatz zu Danebods Verschwörungstheorie stehen die Rechte eines Rechtsstaats allen zu -- auch Naziverbrechern. Und jetzt keine albernen Wortspielchen mit "Recht" und "rechts", bitte.)
Auch Bundes- oder Landesrichter haben nur den Ermessungsspielraum innerhalb der Gesetzgebung. Zumal es ja auch noch das Rechtsmittel der Berufung gibt. Und das BGB wird auch nicht jedesmal bei Amtsantritt einer neuen Regierung geändert.Danebod hat geschrieben: Deshalb variiert die Qualität der Straftatenverfolgung von Bundesland zu Bundesland und zwischen Bundes- und Landesgerichten. Und je nach politischer Konjunktur.
Gruß
Dagmar
Vermutlich ist der nur eingeschränkt verhandlungs- und haftfähig - wenn überhaupt.
Warum wurde er nicht früher ausgeliefert? Weil er wegen seiner SS-Mitgliedschaft die deutsche Staatsbürgerschaft hatte und deshalb ohne seine Einwilligung nicht ausgeliefert werden konnte.
Und warum wollte er nicht ausgeliefert werden?
Weil er - völlig zu Recht, wie die Entwicklung gezeigt hat - annehmen konnte, dass er in Deutschland und speziell Bayern keinen Prozess, geschweige denn eine Verurteilung zu erwarten hatte.
Warum wurde er nicht früher ausgeliefert? Weil er wegen seiner SS-Mitgliedschaft die deutsche Staatsbürgerschaft hatte und deshalb ohne seine Einwilligung nicht ausgeliefert werden konnte.
Und warum wollte er nicht ausgeliefert werden?
Weil er - völlig zu Recht, wie die Entwicklung gezeigt hat - annehmen konnte, dass er in Deutschland und speziell Bayern keinen Prozess, geschweige denn eine Verurteilung zu erwarten hatte.
Die Deutsche Staatsbürgerschaft hatte er nicht "wegen" seiner SS-Mitgliedschaft. Er hat sie erst seit 1956, und das auch nur, weil er unter falschem Namen hier war. Kann sein, dass ihm alte SS-Kumpel dabei geholfen haben, aber den Automatismus "SS-Mitgliedschaft -> Deutscher Pass", wie Du ihn hier andeutest, gibt es nicht.Weil er wegen seiner SS-Mitgliedschaft die deutsche Staatsbürgerschaft hatte
Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege, aber zu dem Zeitpunkt war er bereits längst verurteilt, oder? Und meines Wissens kann man nicht zweimal wegen der gleichen Sache vor Gericht gestellt werden. Auch das hätte dann nicht mit der deutschen Justiz zu tun.Weil er - völlig zu Recht, wie die Entwicklung gezeigt hat - annehmen konnte, dass er in Deutschland und speziell Bayern keinen Prozess, geschweige denn eine Verurteilung zu erwarten hatte.
Oder liege ich da falsch?
-- Martin
- Lars J. Helbo
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Søren Kam wurde in DK nach dem Krieg in absentia zum Tode verurteilt. Dieser Urteil ist aber meines Erachtens in jedem fall hinfällig. In DK ist die Todesstrafe längst abgeschaft und der Begriff in absentia gibt es auch nicht mehr.
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Liv uden Bevægelse kan være godt nok for gulerødder og kålhoveder, som ikke er bedre vant. - N.F.S.Grundtvig
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Das Urteil vielleicht schon -- aber damit auch die Verurteilung? In solchen Fällen wird doch normalerweise das Urteil umgewandelt (in Lebenslänglich), aber nicht das Verfahren neu aufgerollt.Dieser Urteil ist aber meines Erachtens in jedem fall hinfällig.
(Übrigens wurde die Todesstrafe in Dänemark laut Wikipedia [url=http://da.wikipedia.org/wiki/D%C3%B8dsstraf]erst 1993 abgeschafft[/url]. Angewandt wurde sie freilich seit der Nachkriegszeit nicht mehr.)
Dann ist in dem [url=http://da.wikipedia.org/wiki/S%C3%B8ren_Kam]dänischen Wikipedia-Artikel zu Søren Kam[/url] ein Fehler, denn dort steht: "Søren Kam blev den 10. december 2004 af retten i Lyngby varetægtsfængslet in absentia for mordet i 1943 på redaktør Carl Henrik Clemmensen." Demnach muss es 2004 noch ein Verfahren gegeben haben. Leider steht dazu nicht mehr in dem Artikel.der Begriff in absentia gibt es auch nicht mehr.
Ich denke bei der ganzen Sache aber, dass man in Deutschland mit etwas gutem Willen doch eine Möglichkeit hätte schaffen können, wie man jemandem, der sich die Staatsbürgerschaft erschleicht, diese wieder aberkennen kann. Dann wäre die Auslieferung kein Problem mehr gewesen. Aber wie gesagt, die Hintergründe dazu kenne ich nicht, sie würden mich aber sehr interessieren.
-- Martin
- Lars J. Helbo
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Die Todesstrafe wurde schon 1933 abgeschaft. Der letzte Hinrichtung vor dieser Zeit war allerdings schon im Jahre 1892.
Im Jahre 1945 hat man dann allerdings die Todesstrafe rückwirkend wieder eingeführt. Danach wurden 76 Menschen zum Tode verurteilt und 46 davon wurden hingerichtet in den Jahren zwischen 1945 und 1950.
1952 wurde diese unrühmliche Sondergesetz dann wieder abgeschaft, aber die Todesstrafe wurde im militärischen Strafgesetzbuch für einige Verbrechen im Kriegszeiten eingeführt. Diese Bestimmung wurde dann 1978 wieder abgeschaft.
1993 wurde die Todesstrafe dann prinzipiel und grundlegend (für alle Zeiten) abgeschaft. Dies war notwendig, um den UNO-Konvention gegen die Todesstrafe beitreten zu können.
Ich denke, daß auch die Verurteilung hinfällig ist. In DK gibt es (jetzt) grundsätzlich keine Verurteilungen in absentia und der Sondergesetz mit der rückwirkende Einführung der Todesstrafe ist einer der schwarzesten Kapitel der Gesetzgebung in DK. Ich glaube nicht, daß jemanden versuchen wird sich darauf zu berufen. Also muß der Prozess von vorne aufgerollt werden, ob das möglich ist - wegen (fehlende) Zeugen etc. muß sich zeigen lassen.
Es stimmt auch nicht, daß er "in absentia verhaftet" wurde. Das wäre ja wohl auch an sich ein Wiederspruch. Das was geschah war, das ein Haftbefehl ausgestellt wurde. So was passiert natürlich so gut wie immer "in absentia", aber das ist etwas anderes. Im Prinzip war das auch nur eine Formalität. Es ging darum, ein offizieller und neuer Haftbefehl zu haben, die man dann an DE weiterleiten konnte, entsprechend den Bestimmungen des EU-Haftbefehls.
Im Jahre 1945 hat man dann allerdings die Todesstrafe rückwirkend wieder eingeführt. Danach wurden 76 Menschen zum Tode verurteilt und 46 davon wurden hingerichtet in den Jahren zwischen 1945 und 1950.
1952 wurde diese unrühmliche Sondergesetz dann wieder abgeschaft, aber die Todesstrafe wurde im militärischen Strafgesetzbuch für einige Verbrechen im Kriegszeiten eingeführt. Diese Bestimmung wurde dann 1978 wieder abgeschaft.
1993 wurde die Todesstrafe dann prinzipiel und grundlegend (für alle Zeiten) abgeschaft. Dies war notwendig, um den UNO-Konvention gegen die Todesstrafe beitreten zu können.
Ich denke, daß auch die Verurteilung hinfällig ist. In DK gibt es (jetzt) grundsätzlich keine Verurteilungen in absentia und der Sondergesetz mit der rückwirkende Einführung der Todesstrafe ist einer der schwarzesten Kapitel der Gesetzgebung in DK. Ich glaube nicht, daß jemanden versuchen wird sich darauf zu berufen. Also muß der Prozess von vorne aufgerollt werden, ob das möglich ist - wegen (fehlende) Zeugen etc. muß sich zeigen lassen.
Es stimmt auch nicht, daß er "in absentia verhaftet" wurde. Das wäre ja wohl auch an sich ein Wiederspruch. Das was geschah war, das ein Haftbefehl ausgestellt wurde. So was passiert natürlich so gut wie immer "in absentia", aber das ist etwas anderes. Im Prinzip war das auch nur eine Formalität. Es ging darum, ein offizieller und neuer Haftbefehl zu haben, die man dann an DE weiterleiten konnte, entsprechend den Bestimmungen des EU-Haftbefehls.
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