Jæger - i kamp med eliten

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Lars J. Helbo
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Jæger - i kamp med eliten

Beitrag von Lars J. Helbo »

Thomas Rathsack war Soldat im Eliteeinheit Jægerkorpset und hat als solcher mehrere Male in den kriegen in Iraq und Afghanistan teilgenommen. Er hat jetzt ein Buch über seine Erlebnisse geschrieben: "Jæger - i kamp med eliten". Der sollte Ende des Monats erscheinen.

Das hat einige in der oberste Leitung der Streitkräfte offenbar nicht gepasst. Sie wollten mit allen Mitteln verhindern, dass das Buch erscheint. Letztens hat der oberste Chef der Streitkräfte General Tim Sloth Jørgensen an den Chefredakteuren der führenden Zeitungen direkt geschrieben und ihnen persönlich und eindringlich darum gebeten, nicht mehr aus dem Buch zu drucken.

Gleichzeitig sind die Streitkräfte vor Gericht gegangen. Morgen soll das Gericht in Kopenhagen über eine einstweilige Verfügung gegen das Erscheinen des Buches beraten.

Daraufhin hat die Zeitung Politiken jetzt mitgeteilt, dass sie das ganze Buch Morgen früh (wenige Stunden vor die Sitzung des Gerichts) als Sonderzulage zur Zeitung herausbringen werden.

http://jp.dk/indland/article1817758.ece
http://politiken.dk/indland/article789185.ece
Ralph
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Beitrag von Ralph »

Hej Lars, ich habe heut früh zu dem Them eine kurze Diskussion zu dem Thema auf tv 2 gesehen und kann schon die sicherheitsrelevaten Bedenken gegen eine Veröffentlichung des Buches verstehen, zumal sich ja DK aktuell militärisch im Ausland engagiert. Möglicherweise ist das nicht gerade der richtige Zeitpunkt für solch einen Erfahrungsbericht, der wohl nicht nur Leser im eigenen Land interessieren würde... Schliesslich gibt ja auch die Polizei nicht gerne Auskunft über ihre Methoden bei der Verbrechensbekämpfung.
Gruss, Ralph
runesfar

Beitrag von runesfar »

Ralph - sagen wir es so: Ich lese ausländische Zeitungen. Dadurch wusste Ich oft, wann die Jäger losfahren mussten und was die aktuelle taktische entwurfe sind. Wenn Ich das weiss, wissen die Jihadisten das auch.
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Es ist natürlich eine Abwägung. Auf der eine Seite sollten sicherheitsrelevante Informationen geschützt werden. Auf der andere Seite, wenn ein demokratisches Land in Krieg ist, dann hat die Öffentlichkeit auch ein Recht auf Information.

Um eine solche Abwägung vornehmen zu können, muss man wissen worum es geht. D.h. die Streitkräfte müssen sagen, welche Teile des Buches sicherheitsrelevant sind und warum. Das ist nicht geschehen. Es gab eine Verhandlung zwischen der Heeresleitung und dem Verlag. Dabei kam aber nichts heraus. Nachher wollte die Armee dann plötzlich das Buch insgesamt verhindern.

Die großen Zeitungen haben vorab das Buch zur Verfügung gehabt und haben ihre eigene Experten herangezogen. Darunter sind z.B. Poul Dahl. Er war 1990-93 selber Kommandeur des Jägerkorpses und 1993-96: Chef von UNGCI in den Irak. Er hat das Buch gelesen und sagt, es gibt in dem Buch nichts, was irgendwie Sicherheitsrelevant wäre.

Dann fragt man sich natürlich, warum die Armee jetzt vor Gericht geht? Dazu gibt es einige Spekulationen. Der Verdacht ist, dass die Frage politisch ist. In dem Buch wird klar, dass der Einsatz in den vergangenen Jahren etwas umfassender gewesen ist, als man das offiziell bisher (auch im Parlament) gesagt hat. das hört man vielleicht nicht so gerne?

Die Zeitung Information hat schon das Kapitel 14 des Buches gedruckt:

http://www.information.dk/203760

Das soll angeblich das "schlimmste" Kapitel sein (obwohl das nicht offiziell bestätigt wurde). Darin gibt es zwei Sachen, die vielleicht unangenehm sein könnten. Erstens wird berichtet, wie die Jäger ein Agent eines anderen Landes helfen und schützen (er wird "eric" genannt und kommt vermutlich vom CIA). Ein solches Zusammenarbeit könnte vielleicht politisch heikel sein?

Und dann gibt es am Ende des Kapitel diesen Absatzes:
Sidst jeg oplevede bylivet i Afghanistan, var i Kabul under Talebanregimet med alt dets rædsel og undertrykkelse. Nu ser jeg ingen lig ophængt i lygtepæle, ingen patruljerende sortklædte talebanere, og ingen mennesker, som får prygl med stokke. Jeg glæder mig derimod over at se dansende drager over byens tage. Jeg glæder mig over legende børn, der spiser is, og smilende skægløse mænd, som køber grillet kød på spyd fra de mange små gadeboder. Jeg glæder mig over at høre musik fra butikker og biler og over at se kvinder med børn handle ved farverige markeder, der bugner af varer. I det hele taget fornemmer jeg en stemning af forsoning og håb for fremtiden, som jeg under disse mennesker.
Der erste Satz ist ja eigentlich nur ein Nebensatz, aber daraus lässt sich ja schließen, dass dänische Soldaten schon in Kabul waren, bevor die Taleban-Regierung abgesetzt wurde. Das könnte vielleicht auch politisch unangenehm sein?

Wenn es aber um solche politische Bedenken geht, ist ein Verbot aber natürlich nicht hinnehmbar.
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

Aber warum diese Veröffentlichung kurz vor der gerichtlichen Entscheidung? Politiken muss entgegen [url=http://politiken.dk/debat/ledere/article789246.ece]ihrer eigenen Aussage[/url] ("Vi kan ikke forestille os, at byretten vil give forsvaret ret til et så åbenlyst indgreb i presse- og informationsfriheden") befürchtet haben, dass das Gericht die Veröffentlichung teilweise oder ganz stoppt, sonst hätte die Aktion keinen Sinn. Zumal der eigentliche Verlag des Buches darüber [url=http://politiken.dk/indland/article789278.ece]alles andere als erfreut[/url] ist.

Oder ist das Ganze nur eine PR-Aktion von Politiken in eigener Sache?

-- Martin
micha_i_danmark
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Beitrag von micha_i_danmark »

Schwer zu sagen, ob das Buch nun wirklich ein Sicherheitsrisiko fuer die Streitkræfte darstellt. Habe auch die Diskussionen heute morgen im Fruehstuecks-TV auf TV2 verfolgt.

Andererseits finde ich, muessen solche Buecher nun wirklich nicht sein. Von Seiten des Autors ist dies ein massiver Vertrauensbruch gegenueber seinem ehemaligen Arbeitgeber und seinen Kollegen - die darueber vielleicht in Gefahr geraten bei æhnlichen aktionen in Zukunft leichter entdeckt zu werden.

Und das Politikken nun das Ganze im Vorabdruck bringt, erinnert start an die Mohammedkarikaturen - wo sich auch alle Zeitungen darum gedrængt haben, diese immer wieder und wieder zu drucken und damit ihre Auflage zu steigern.

Es gibt "da unten" und leider auch in DK nun mal ein paar islamistische Idioten und die nutzen solche Verøffentlichungen logischerweise entsprechend aus - sei es um Racheakte zu rechtfertigen oder besser die dænischen Streitkræfte bekæmpfen zu kønnen.

Geht die Pressefreiheit wirklich so weit, das man im Namen der Informationsfreiheit (oder dem Beduerfnis nach gesteigerter Auflage/ persønlichem Geltungsbeduerfnis) Menschenleben gefæhrden darf?
runesfar

Beitrag von runesfar »

Lars - das ist auch keine Neuheit. Die Erklärung ist ziemlich einfach Die haben die UN-compounds von UNDP und WFP überwacht.
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Das Menschenleben durch die Veröffentlichung gefährdet würden ist eine Behauptung. Ob das stimmt, können wir nicht wissen. In eine demokratische Gesellschaft sollten wir solche Behauptungen aber nicht ohne weiteres akzeptieren.

Wenn dann jemanden wie Poul Dahl, der selber Kommandeur des Jægerkorpses gewesen ist und das Buch gelesen hat, öffentlich sagt, es gäbe in dem Buch nichts, was irgendwie gefährlich sein könnte, dann bin eher geneigt ihm zu glauben.

Die zweite Frage ist ja dann natürlich, ob das was Politiken heute macht akzeptabel ist? Geht es nur um Geld zu verdienen oder ist es legaler Notwehr im Interesse der Demokratie? Hier stellt sich natürlich die Frage, ob man nicht die Entscheidung des Gerichtes hätte abwarten sollen?

Dabei darf man aber nicht übersehen, dass dänische Gerichte keineswegs so unabhängig wie deutsche sind. Es gibt bei dem Gerichtsverfahren zwei Risiken. Das Gericht könnte zu viel Wert auf "hensynet til fremmede magter" (= Rücksicht auf USA) legen. Oder das Gericht könnte das ganze ganz altmodisch juristisch als ein Fall von vertraglich verankerter Schweigepflicht sehen.

Man sollte also nicht ohne weiteres glauben, dass das Gericht seine demokratische Kontrolfunktion erfüllen wird. In DE hat man die Dreiteilung der Macht zwischen Regierung, Bundesrat und Verfassungsgericht. In DK heißt es Regierung, Parlament und Presse.
runesfar

Beitrag von runesfar »

Lars - wie schwierig kann es sein: Ich habe jetzt die kapitel in Information gelesen und weiss jetzt GENAU wie Ich vorgehen muss um diese auto auszuschalten. D.h. welche Waffen, welche reichweite und welcher munition Ich brauche um das zu tun, ohne meine eigne Leute zu gefährden. Wenn sie die Rutinen und Bewaffnung nicht schon geändert hat wäre das saueinfach.
Ralph
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Beitrag von Ralph »

Ich vermute, dass es dem Militär um Details geht, die nicht jedem allzuleicht zugänglich gemacht werden sollten. Gegen das Buch im allgemeinen hat man wohl nichts, zumal es (wie ich verstanden hab) keine Kritik- oder Protesthaltung gegen die Praxis der Auslandseinsätze d. Jäger darstellt...
Ob der nun entstandene "Rummel" um die Veröffentlichung wirklich gut ist, bezweifel ich ebenso, wie die Glaubwürdigkeit des "Rufes nach freier Demokratie" in den Medien... Wenn ich daran denke, was damals die unselige Diskussion um die Mohammedzeichnungen entfacht hatte... @ Lars- warum glaubst du lieber einem ehemaligen Militär als einem aktiven? Beide können gleich gute Gründe haben die Wahrheit zu sagen oder eben zu lügen...
Otis

Beitrag von Otis »

Vielleicht geht es der Militærfuehrung DK auch darum, Dienstgeheimnisse nicht an die Øffentlichkeit gelangen zu lassen. Da gibt es ja das ein oder andere.
Wahrscheinlich ist das auch beim daenischen Militær so geregelt- z.B. nach seiner Dienstzeit, schweigen zu bewahren.
Auf jeden Fall ein heisses Eisen.
Martin Hofer

Beitrag von Martin Hofer »

Ich glaube nicht, dass es hier um die Wahrung von Dienstgeheimnissen gehen kann, denn den Journalisten liegt der vollständige Inhalt des Buches ja schon seit einer Weile vor (weshalb die Zeitung ihn jetzt auch drucken kann). Wenn da etwas von innerdänischer Sprengkraft drinstehen würde, hätten sie das bereits aufgegriffen.

Bleiben nach meinem Verständnis noch zwei andere Möglichkeiten:
- Es steht wirklich etwas drin, was der Gegner nicht zu leicht erfahren soll, oder
- am Autor soll ein Exempel statuiert werden, damit sein Beispiel nicht Schule macht.

-- Martin
sven estridsson

Beitrag von sven estridsson »

was soll denn noch so wichtiges drinstehen, war doch schon das meiste bei facebook...


dänemark....andersen
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Lars J. Helbo
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Beitrag von Lars J. Helbo »

Poul Dahl war selber Kommandeur des Jægerkorpses.
Der jetzige Chef der Streitkräfte Tim Sloth Jørgensen kommt dagegen aus der Marine.

Daher glaube ich eher, dass Poul Dahl weis, wovon er redet und welche operative Details in so einer Operation gefährlich sein könnten. Wenn er sagt, der Buch enthält keine gefährlichen Details, dann glaube ich schon, dass das korrekt ist.
Ralph
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Beitrag von Ralph »

Lars J. Helbo hat geschrieben:Poul Dahl war selber Kommandeur des Jægerkorpses.
Der jetzige Chef der Streitkräfte Tim Sloth Jørgensen kommt dagegen aus der Marine.

Daher glaube ich eher, dass Poul Dahl weis, wovon er redet und welche operative Details in so einer Operation gefährlich sein könnten. Wenn er sagt, der Buch enthält keine gefährlichen Details, dann glaube ich schon, dass das korrekt ist.
Alles klar Lars- glaube niemals einem Seemann!!! :mrgreen:
aber meinst du nicht auch, dass der jetzige Chef vllt. Auskunft bei dem jetzigen Korpskommandeur erhalten haben könnte?

Mit den Aussagen "Ehemaliger" ist das auch nicht ganz unproblematisch. Profilneurosen, gekränkte Eitelkeiten... alles ist denkbar...

Warum aber sollte das Militär etwas gegen ein Buch haben, in welchem eh nix von Bedeutung zu lesen ist???

Warum vertrauen die Hüter der Demokratie nicht einfach mal ihren demokratisch gewählten und eingesetzten Staatsdienern??? Kann man nicht vllt. mal die Leute ihre Arbeit machen lassen, ohne alles 1000 mal zu hinterfragen??? Wass war das zbsp. für ein medialer Eiertanz als die Fregatte Absalon ein paar Piraten aufgegabelt hatte- was ja auch ein eigentlicher Zweck des Einsatzes des Schiffes war...Demokratie gut und schön- aber mit ewigen Diskussionen um Alles kann man die Demokratie auch lähmen... frei nach dem motto "Keine Macht für Niemand" :?
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