Schafsleid - und das Schweigen der Wolfsgegner
Zwei Meldungen aus Dänemark gab es diese Woche über das Leiden von Schafen, für die kein Jäger nach sofortigen Konsequenzen ruft. Man könnte meinen, dass Schafsleid, das menschen- und nicht wolfsgemacht ist, schlicht nicht von Interesse ist. Es geht da wohl eben nicht darum, Schafen allgemein Leid zu ersparen, sondern Wölfe zu bejagen.
Der erste Fall befasst sich mit einem bekannten Phänomen - Schafe haben im Frühjahr zu viel Wolle, denn der Fellwechsel wurde ihnen einst weggezüchtet. Sind die Schafe dann auch noch trächtig, können sie sich bei dem Versuch, Juckreiz mit Wälzen zu lindern, festlegen. Wenn dann niemand zur Stelle ist, um die Schafe wieder "hochzuschubsen", sterben sie einen langsamen, über Stunden dauernden qualvollen Tod.
Ein Schafhalter aus Agerskov hat gegenüber TV2 berichtet, dass er im Jahr zuvor acht Schafe auf diese Weise verloren hat.
Das passiert in jedem Frühjahr. Die Schafe sind so dick, dass eine kleine Vertiefung ausreicht, um jeden Versuch des Aufstehens zu verunmöglichen. [...].
Wenn sie dann da liegen, drückt der Magen auf die Lunge. Nach sieben oder acht Stunden bekommen sie dann einfach keine Luft mehr. [...]."
TV2 Nyheder, 19.03.2023: Det er sæson for fede får, der vælter – fåreavlers idé redder dem fra at dø på marken https://nyheder.tv2.dk/lokalt/2023-03-1 ... at-doe-paa
25 Schafen musste er im vergangenen Jahr hochhelfen, acht starben durch Festliegen. In diesem Jahr ist bislang keines gestorben, nur zwei mussten aufgerichtet werden. Der Schäfer hat sich entschieden, das Risiko zu minimieren, indem er seine Schafe zweimal statt wie gewöhnlich einmal im Jahr schert, so dass sie nach der zweiten Schur im August im folgenden Frühjahr nicht ganz so viel Wolle mit sich rumschleppen müssen. Die Zahlen sprächen dafür, dass das hilfreich sei, allerdings habe es auch wenig Schnee gegeben, welcher die Situation sonst auch verschärfe.
Dieser Schäfer zeigt also Verantwortung für seine Tiere. Da Schafe sonst aber für gewöhnlich nur einmal im Frühjahr geschoren werden, bleibt das Problem bei der Schafhaltung allgemein. Um die Schafe zuverlässig schützen zu können, käme natürlich wieder die Behirtung ins Spiel, denn gerade in menschenleeren Gebieten sind nicht immer Spaziergänger zur Stelle, die den Tierhalter benachrichtigen können bzw. ggf. selbst Schafe "schubsen".
Und dann gibt es noch ein neues Phänomen: Schafbeweidung als "Dienstleistung" in den zunehmenden Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen.
Auf Lolland (Rødby Fjord) hat dieses Konzept schreckliches Tierleid ausgelöst. Am 25. Februar sei der Tierschutz Dyrenes Beskyttelse zu einem Einsatz gerufen worden, weil sich ein Schaf in Stacheldraht verfangen hatte. Das Schaf wurde freigeschnitten, musste aber aufgrund der Schwere der Stacheldrahtverletzungen getötet werden. Aufgrund des abgemagerten Zustands des Tieres und offensichtlicher Futterknappheit auf dem völlig abgegrasten Areal warfen die Tierretter einen näheren Blick auf das Solarfeld. Zusammen mit der Polizei und einer Tierärztin wurde festgestellt, dass sämtliche untersuchten Schafe stark abgemagert waren. Zwei waren bereits während des Geburtsvorgangs gestorben, während ein weiteres noch beim Ablammen eines jedoch auch bereits verstorbenen Lämmchens war. Auch das Muttertier musste darauf eingeschläfert werden. Auf dem Areal habe es weder Futter noch Zugang zu Wasser gegeben. Der Eigner der Fläche, ein Landwirt, gab an, die Beweidung einer Firma übertragen zu haben, die Schafsbeweidung als Dienstleistung anbietet. Die schockierte Tierärztin sagte:
"Besonders die toten Muttertiere, die einfach zu entkräftet für die Geburt waren und die Gleichgültigkeit, mit der die Schafe hier sich selbst überlassen worden sind, waren das Schlimmste. Der Tierhalter hat mit der Graspflege Geld verdient, sich aber über einen längeren Zeitraum nicht um ausreichend Futter und Wasser für die zum Teil trächtigen Schafe gekümmert."
TV2 Nyheder, 24.03.2023: Døde og udsultede får fundet i solcellepark https://nyheder.tv2.dk/lokalt/2023-03-2 ... lcellepark
Mit dem Boom von Solarparks ist die Beweidung solcher Flächen als Dienstleistung populär geworden. Die betreffende Firma wurde kontaktiert, und einen Tag später seien die Schafe mit Futter und einem Maurerkübel Wasser versorgt worden. Für einen Teil der Schafe kam die Hilfe aber zu spät - gleich mehrere verstarben in der darauffolgenden Woche. Polizei und Tierschutz waren wieder vor Ort, und es wurde die Verbringung der restlichen Überlebenden in einen Stall angeordnet. Weil das "Naturpflege"-Unternehmen diese Auflage nicht erfüllen konnte, landete auch der letzte überlebende Rest der Schafe beim Schlachter.
Die Tierärztin sagte:
"Hätte man einfach nur regelmäßig nach den Tieren gesehen, sie mit Futter und Wasser versorgt und den Muttertieren geholfen, die unter Geburtsproblemen litten, wäre das hier alles nicht passiert. Es wäre so leicht gewesen, das zu verhindern, wäre man verantwortungsvoll damit umgegangen."
TV2 Nyheder, 24.03.2023: Døde og udsultede får fundet i solcellepark https://nyheder.tv2.dk/lokalt/2023-03-2 ... lcellepark
Die Tierärztin bezeichnet das Geschehen als
" en rigtig lortehistorie".
Hätte sich ein Wolf an den erschöpften und ausgehungerten Tieren gütlich getan, hätte es sicherlich einen großen Aufschrei gegeben. Und das schwerst verletzte Schaf im Stacheldraht könnte natürlich auch zu denken geben, ob der vielseits eingesetzte und überall übliche Stacheldraht vielleicht nicht die tierfreundlichste aller Zaunlösungen darstellt - Wolf hin oder her.